Ein Leben ohne Hund ist möglich...

.. aber es lohnt sich nicht.
Zu diesem Blog inspirierte mich wieder einmal Frau von der Leyen, die mit ihren wahnsinnigen Kolumnen jedes Mal mein Herz berührt. Thema dieses Mal, Nichthundemenschen die Beziehung zu einem Hund näher bringen. Nichts könnte schwieriger sein. Sie verstehen einfach nicht, dass man als "Hundemensch" durchaus in der Lage ist normale menschliche Beziehungen einzugehen, man nicht verschroben (oder nur ein bisschen) ist und auch Dinge tut, die andere Menschen zu tun pflegen. Vielleicht nicht so häufig.
Wie oft ernte ich mitleidige Blicke, wenn ich sage, dass ich mit 25 einen Hund besitze und mir nichts mehr wünsche, als mein Rudel zu vergrössern? Am liebsten noch einen grossen, richtig flotten Hund dazu. Border Collie, Aussie, Cattle Dog, etwas, das hütet, ohne zu jagen. Natürlich bin ich auf meine Art verrückt, ich gehe praktisch nie reisen, ausser mit Hund. Aber ich würde auch mit Hund nicht mehr und nicht weniger reisen gehen. Es ist einfach nicht so mein Ding, grosse Städte finde ich schrecklich, ich hasse nichts mehr als Flugreisen, weil ich panische Angst vor diesen Dingern habe. Am liebsten würde ich die Welt zu Fuss erkunden. Und da passt ein Hund bestens rein.
Nichthundemenschen begegnen mir oft mit solchen, oder ähnlichen Sprüchen:

Meine heutige (btw tolle) Chefin fragte mich an meinem Bewerbungsgespräch, warum ich meinen Hund als "Hobby" angegeben hätte. Zum Glück unterdrückte ich den spontanen Einwurf "Hätte ich es als Lifestyle angeben sollen?". Ein bisschen mitleidig sah sie mich an, als ich verliebt von meinem zukünftigen Hundebaby erzählte, sie scheut sich auch nicht, mich immer wieder nach Lotte zu fragen, aber ein bisschen strange findet sie es schon. Da Lotte in den letzten zwei Jahren hin und wieder krank war, gerne zu den schlechtesten Momenten, ist sie der Meinung, dass Hunde fast anstrengender (und teurer) sind als Kinder.
Trotzdem bezeichne ich mich sehr ungern als "Hundemama" und finde es immer sehr gewöhnungsbedürftig, wenn andere Menschen von sich als "Hundemutter" sprechen. Ich möchte doch kein Kind haben, dass sich in Kotze wälzt. Ausserdem hat sie entschieden zu viele Haare, die sich in meinem Bett breitmachen können, wenn sie ihr ausfallen. Ich würde auch mein Essen nicht wieder hervorwürgen, damit Lotte sich den Bauch vollschlagen kann, so wie Lady es (zu meinem Entsetzen) nachts neben meinem Bett getan hat, damit ihre Lütten auch genug Futter bekamen.
Ich gebe auch keine Geburtstagsfeste für meinen Hund, backe Kuchen oder sonstiges. Nein, ich bin keine Hundemutter, ich bin Hundebesitzerin, nerviges anderen Leinenende, "du" oder so, nicht Mama.

Andere Menschen im meinem Umkreis sind gerne der Meinung, dass ein Hund wirklich unglaublich viel Arbeit macht. "Also ich hätte gerne einen Hund, nur nicht 24 Stunden am Tag." Ein Kommilitone. Bitte?! Auch wenn ich gerne viel mit Lotte unternehme, sie den ganzen Tag um mich haben möchte, ich bin hier nicht der Alleinunterhalter. Wenn ich Lust habe auf Fernsehen, dann geht der Hund auf seinen Platz. Fertig. Wenn ich für die Uni arbeite, dann hat sie mich nur in homöopathischen Dosen daran zu erinnern, dass sie da ist. Natürlich wäre es ein Traum meinen Hund mit ins Büro zu nehmen, aber nicht, weil ich dann dort mehr Ablenkung hätte, sondern weil sie einfach nicht allein zu Hause wäre.
Und dann erst die Hundehaare! und der Gestank! beides lässt sich, man glaube es, oder auch nicht, durch tägliches Saugen im Griff behalten. Febreze und Bodenputzmittel sind treue Helfer. Es kostet mich am Tag fünf Minuten und meine Wohnung stinkt nicht und auch Menschen mit Hundehaarallergie können bei mir sitzen, ohne zu ersticken. Sogar länger als fünf Minuten.

Ich finde meinen Hund nicht wichtiger, als Menschen in meinem Leben, aber wie Katharina von der Leyen richtig bemerkt, sie gibt mir einen ganz anderen Blick aufs Leben. Sie ermöglicht es mir allein zu sein, ohne allein zu sein. Tolle Aufgaben zu entwickeln, ohne, dass mir jemand reinredet und ich trotzdem guten Gewissens vor mich hin brabbeln kann. Zwei Stunden Arbeit auf dem Hundeplatz, eine Partnerin beim Joggen, die mich im wahrsten Sinne des Wortes mitzieht ohne mich zu nerven, Ablenkung und Motivation zugleich, Erkältungs- und Winterdepressionsvorbeugung.
Hundemenschen verstehen die Art von Beziehung, die ich zu meinem Hund pflege. Sie könnte niemals die Beziehung zum Mann in meinem Leben ersetzen, oder zu meiner Familie. Aber es ist ein Stück meiner Familie, Hunde gehören seit jeher dazu und geben jedem Ort, an dem ich fremd bin, ein  Stück Wärme.

Ich könnte mich am Tag mehrfach kaputtlachen über Lotte, heute traten mir vor lauter Glück und Liebe die Tränen in die Augen, weil sie so süss eine Hasenjagd erträumte. Eine halbe Stunde später hatte sie ihre Aufmerksamkeitsminuten, die sich damit einläutete mir auf den Rücken zu springen, als ich vor dem Tiefkühler sass.
Wenn ich mit Nichthundemenschen spreche versuche ich immer, Lotte nur als "Köter" darzustellen. Oder ich gehe gleich in die Vollen und stelle mich als total spleenig dar. Spätestens der Blick auf mein Facebookprofil zeigt deutlich, wie gern ich mein Leben mit ihr teile. Ich habe es mittlerweile aufgegeben mich zu erklären, es ist einfach, wie es ist. Es ist eine Leidenschaft, eine ähnliche Leidenschaft, wie meine Mutter sie zu ihren beiden Hundemädels hat. Trotzdem ersetzen ihre Hunde ihre Kinder nur sehr ungenügend oder auf einer ganz anderen Basis, das liegt schon allein daran, dass Lady und Sunny nicht halb so gut mit dem Mac umgehen können wie ich.

Hunde sind kein Menschenersatz, aber sie sind wunderbare Geschöpfe, die unser Menschsein um einen unvergleichlichen Schatz bereichern, der uns eine Art von Zuneigung, Tröstlichkeit und Hingabe lehrt und den Umgang mit Rückschlägen. Mo war mein unvergessener Herzehund, Lotte ist meine unerschrockene, freche Begleiterin. Hat sie einen ihrer Bombentage, dann gibt sie alles, wirklich alles für mich. Sie spiegelt mich und mein Verhalten so stark, dass sie, wenn ich unkonzentriert bin, die Fährte verliert.
Jeder Hund gibt uns ein Geschenk, das unser Leben bereichert. Sie nehmen uns, ohne uns zu werten. Folgen uns unerschrocken ins dunkelste Tal und trotzdem sind sie eine Herausforderung für sich. Welcher Hundehalter hat nicht mit Frust umgehen lernen müssen, den ein scheinbar gehörloser Hund in einem aufbauen kann. Oder eine eingeschlichene Marotte, die sich so schwer wieder abtrainieren lässt, weil sie schon eingefahren ist. (Lotte bettelt zum Beispiel, wenn man essend auf dem Sofa sitzt-nervig. Aber ich erwische mich jedes vierte Mal dabei, dass ich ihr etwas abgebe, es ist ja nur das Sofa......... Von dem Mann in meinem Leben ganz zu schweigen.)

Liebe Nichthundehalter, es tut mir leid, wenn ihr nachvollziehen könnt, warum ich so viel Spass daran habe einen Blog über meinen Hund zu schreiben. Wenn ihr es komisch findet, dass ich von Beziehung zu meinem Hund rede und ihr insgeheim denkt, dass wir alle einer komischen Sekte angehören, die Vierbeiner anbetet. Ich wünsche euch, dass sich eines Tages ein tapsiger kleiner Welpe auf eurem Schoss zusammenrollt und sich in euer Herz krallt, der nicht fragt, wer ihr seit, sondern euch vom ersten Blick an bedingungslos liebt. Und euch drei Monate später den letzten Nerv raubt, weil er zweihundert Bücher gefressen hat, die neuen Schuhe, eine Haarbürste, mehrere Hundebetten auseinandergenommen hat, mit dem Stopfmaterial von Ikeaspielzeugen Frau Holle gespielt und dann freudig in die Wohnung gepieselt hat. Das war der Teil, den ich mit Selbstbeherrschung meinte, ich habe immer Mühe damit, Lotte für so Blödsinn nicht zusammenzustauchen, aber sie weiss es nicht mehr. Auch deswegen leben Hundehalter eher im "jetzt".

Und wer am Tag mindestens einmal den Wald von innen sieht, der ist einfach näher an der Erde, als an der Sonne. Wunderbar.