Beagles, diese gefährlichen haarigen Biester!

Kein Witz, mit grösstem Schrecken las ich die neueste Studie über angriffslustige Hunde und siehe da. Ich habe einen Kampfhund zu Hause. Den schlimmsten von allen!! Beagles werden in dieser Studie als die angriffslustigsten Hunde gegenüber ihren eigenen Haltern angegeben.
Der geneigte Beaglebesitzer mag sich fragen, woran das liegt. Es ist offensichtlich. Diese Studie wurde in den USA verfasst, dort ist es mit dem Auslauf nicht so weit her, leinenfrei zwei Stunden durch den Wald wandern? Weit gefehlt. Das bekommt einem Beagle einfach schlecht. Lotte würde allerspätestens nach zwei Tagen meine gesamte Wohnung umbauen, nach zwei Wochen hatte ich vermutlich keine kompletten Türen mehr und irgendwann würde sie mir vor lauter Wut und Energie ins Gesicht springen. Nur schon der Gedanke daran lässt mich erschaudern, weil sie ziemlich hoch springen kann, wenn sie möchte.
Beagles sind und das zeigt diese Studie sehr eindrücklich nicht die einfachsten Hunde. Ich habe das ja schon mehrfach auch aus meiner eigenen Perspektive an dieser Stelle betont. Lotte wäre der absolute Horrorhund, wenn ich mir nicht so viel Zeit nehmen würde. Auf der anderen Seite nimmt sie es dann locker, wenn ich eben nicht so viel zu Hause bin. Job und Uni sind manchmal schwer unter einen Hut zu bringen, aber ich habe mich entschlossen einen Hund zu haben, also geht ein Grossteil oder besser, der grösste Teil meiner Freizeit für meinen Hund "drauf". Ich sehe Lotte als mein ganz persönliches Wellnessprogramm, Dreckstreifen im Gesicht und auf der Hose, durchgeschlabberte Pullis, dreckige Hosen und Wanderschuhe machen mich glücklich. Das muss man als Beaglebesitzer wissen, sauber nach Hause? Dann wars ein Scheissspaziergang. Man sollte wirklich und das meine ich ernst, davon überzeugt sein, dass man das mag.
Zur Gewöhnung empfehle ich einige Stunden im Regen, im knietiefen Matsch bei minus fünf Grad zu verbringen und dabei immer noch Stimmung zu machen. Ohne die würde Lotte bei dem Wetter nämlich nicht freiwillig fünf Meter gehen, geschweige denn arbeiten. Aber nur ein müder Beagle ist ein Beagle, der die Wohnung heile lässt und auch mal einen Tag allein bleiben kann. Ich habe ja das Glück, vielleicht habe ich einiges richtig gemacht, dass ich einen Beagle habe, der so ausgeglichen ist, dass sie nicht das Gefühl hat, dauernd auf der Pirsch sein zu müssen. Trotzdem gibt es Tage, an denen Lotte mir spurlaut abstrotzt und ich wie ein Wahnsinnige hinterherpfeife und fluche, wie ein Rohrspatz. Zum Glück weniger als alle zwei Monate einmal, deshalb gibt es unbeschränkt Freilauf. Und sie ist nach 4 Minuten wieder am Platz, sonst folgt Montezumas Rache und Lotte hasst nichts mehr als eine Schleppleine.
Aber diese Untersuchung zeigt eben, dass Beagle eigenwillige, selbstständige Hunde sind und ich wünsche mir nichts mehr, als dass sie so bleiben dürfen. Ich wünsche mir inständig, dass die Züchter nicht versuchen, einen "will-to-please" in einen Hund zu züchten, der, wenn man ihn richtig hält (dazu braucht man nicht zwingend einen Garten) einfach genial ist. Ich ernte langsam die Früchte von zwei Jahren harter Arbeit, an mir, an meinem Hund, ich habe unglaublich viel gelernt an Lotte. Dafür habe ich jetzt einen Beagle, der mir sein Herz schenkt, auf der Fährte, im Agiparcours, beim Spielen, beim Wandern. Sie arbeitet für mich, weil ich für sie arbeite. Wenn sie keinen Bock hat, dann muss ich damit leben oder mir etwas besseres einfallen lassen. Eine solche Einstellung kannte ich von keinem unserer anderen Hunde, aber ich möchte es nicht missen.
Jeder, der mich fragt, ob er sich einen Beagle anschaffen sollte, dem rate ich kategorisch ab. Nur wer sich schon in dieser Frage durchbeisst, der hat eine Chance, einen gut erzogenen Beagle zu bekommen. Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern, als endlich, endlich klar war, dass ich mein Mädchen bekomme. Ich sass im Bürosessel und habe geheult wie ein Schlosshund, ich habe mich gefreut, wie ein kleines Kind. Damals war mir noch nicht klar, dass dieses kleine, dreifarbige Monsterchen eine so treue Begleitung werden würde, wie mein Labbi. Jetzt schnarcht sie, wie immer, wenn ich am Schreibtisch sitze, auf ihrem Bett, würde ich sie jetzt rufen, dann würde sie es sich auf meinem Schoss bequem machen. Beagles sind eigen, Besitzer von ihnen sollten es auch sein.
Es ist kein Witz in diesem Büchern über Beagles, dass sie keinen Kadavergehorsam haben, aber sie können, wenn sie wollen mit dem richtigen Besitzer. Mit der richtigen Motivation, die bei Lotte definitiv nicht übers Fressen geht. Ich würde allerdings anfügen, dass man als Beaglebesitzer auch eine Art Erziehung mitmachen muss, Lotte hat mich bestens im Griff, wenn sie eine erhöhte Sitzposition wünscht. Besuchern wird ebenfalls besonders schnell beigebracht, dass sie gefälligst den Schoss freizumachen haben. Aber wer könnte meiner Lotte schon widerstehen?

Es tut mir weh, wenn ich diese Studie lese. Denn ich frage mich, wie schlecht es diesen Hunden gehen muss, die auf ihr eigenes Herrchen losgehen. Wie verzweifelt müssen diese Hunde sein? Lotte würde nichts ferner liegen, als auf mich loszugehen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Wenn ich einen ganzen Tag (und den haben wir mindestens einmal in der Woche) mit ihr unterwegs bin, dann ist es das grösste für sie, wenn ich noch ein bisschen mit ihr auf dem Hundebett liege, sie sich ankuscheln darf und dann wohlig warm, wie ein kleiner Ofen, einschlafen darf. Ich nehme jetzt meinen kleinen Ofen, trage sie, wie jeden Abend in ihr Bett, das neben meinem Bett steht und höre ihrem Schnarchen zu.