Das beste Schlammbad der Welt

Lotti und ich haben heute an unserem ersten Hundecrosswettbewerb teilgenommen. Wie es sich gehört erst einmal in der plauschklasse, denn als Hundehalter muss man erst einmal wissen, ob der Hund überhaupt Lust hat an Wettkämpfen teilzunehmen, wie er sich macht, etc. Wenn es da um nichts geht, dann macht das das ganze enorm viel einfacher.
Die Zusammenfassung des Tages, Lotte ist genau so eine Wildsau, wie ich gedacht habe, sie kämpft bis zum Letzten für mich, gibt sich mega Mühe, kurz: ich bin wieder einmal superstolz. Das war sicher nicht das letzte Mal, sondern der Anfang. Einfach richtig toll. 
Was mich total fasziniert hat, es war Samstag, MeteoSchweiz hat eine Unwetterwarnung für die ganze Schweiz herausgegeben, es regnete wie aus Kübeln, aber die meisten unserer Mitglieder im Hundesport standen pünktlich um halb 7 auf der Matte. Aufbauen, Posten übernehmen, Pläuscheln, Kaffee trinken, Gipfeli essen, unter Menschen sein. Das auf einen Samstag, ich kenne nur noch Pferdesportler, die das durchziehen, aber bei dem Wetter hätten selbst die abgesagt. 
Wir waren natürlich alle gespannt, ob das Teilnehmerfeld so gut besetzt sein würde, wie es auf den Anmeldelisten aussah. Es war. Das muss man sich vorstellen, Sporthundecross führt zehn Kilometer lang auf engen, matschigen Waldwegen vorbei an Posten, an denen man Aufgaben lösen muss zum Ziel. Der Hund ist vorne angeschnallt und zieht mit einer wahnsinnigen Kraft. Lotte mit ihren gerade einmal vierzehn Kilo gehört da zu den kleinsten Teilnehmern, die meisten sind Malinois oder Border Collies, die bedeutend grösser und schwerer sind. Mit einer solchen Zugmaschine bewaffnet, rennen die Teilnehmer also mit halsbrecherischem Tempo durch den Wald. Selbst Lotte, wenn sie voll im Schwung ist, was bei einem Laufhund noch schnell passiert, zieht so stark, dass ich sie kaum mit meinem Körpergewicht bremsen kann. Manchmal hilft schreien auch nichts mehr, dann hilft nur noch rennen, was die Beine hergeben. Gegen die Kraft, die selbst mein kleiner Hund entwickelt kann ich wenig tun. Ich möchte mir manchmal nicht vorstellen, wie ein Malinois, ein Rottweiler oder ein deutscher Schäferhund ziehen kann. Das muss wie fliegen sein.
Echter Wahnsinn. 

Vorallem wahnsinnig an diesem Tag war die Motivation der Teilnehmer, praktische alle Starts wurden wahrgenommen, es liefen in der ersten Klasse ohne Schutzdienst die Teilnehmer in strömenden Regen, sie sahen allesamt aus, als hätte man sie an den Haaren durch den Dreck geschleift, alle glücklich. Keiner hat aufgegeben, das erreicht man an sonst keinem zehn Kilometer Lauf. 
Das Beste waren die Kidsklassen, sogar die Allerkleinsten liefen gemeinsam mit Mami oder Papi am Hund angeschnallt den Parcours, ehrgeizig, glücklich, im grössten Regen. Es war ihnen egal. 
Würde ich versuchen eine Schulklasse dazu zu bewegen an einem verregneten Wandertag einen zehn Kilometerlauf zu machen, sie würden mich für verrückt erklären und streiken. Aber alle Zwerge von sechs bis sechzehn sind ins Ziel gekommen. Ich habe selten so viele motivierte, glückliche Kinder auf einem Haufen gesehen. Aber auch selten so glückliche Hunde. Man stelle sich einen ausgewachsenen Malinois hinter einem vielleicht dreizehnjährigen Jungen vor, die beiden waren allein unterwegs. Die Hunde kämpfen für ihre Kids, aber sie passen auch auf sie auf. Was für eine geniale Erfahrung, die ich zum Glück selbst auch machen durfte. Wenn ich meinen Eltern für etwas in meiner Kindheit einen Orden verleihen dürfte, dann dafür, dass ich mit Hunden gross werden durfte. Hunde geben Kindern Sicherheit, die ihnen sonst niemand geben kann. Das ist mir heute wieder bewusst geworden. Die gleiche Hunde liefen meist vorher noch mit ihren erwachsenen Herrchen und liessen sich an meinem, sehr einfach Posten manchmal nicht so gut auf die Aufgabe ein, wie mit den Kids. Bei mir mussten die Teilnehmer den Hund über die Agilitywand schicken mit Kontaktzonenberührung. Da kam dieser kleine Junge von vielleicht zehn Jahren mit seinem Border Collie, schickte ihn die Wand hoch, hat nicht gesehen, dass sich Leine verhedderte und der Hund fiel von der Wand in die Leine. Lotte hätte die Wand nur unfreiweillig nochmal in Angriff genommen, der Border Collie hat das ohne mit der Wimper zu zucken locker nochmal gemacht. Das nenne ich Vertrauen in den Hundeführer. 

Es war ein toller Tag, trotz Dauerregen, ausserdem bestimmt nicht Lotte und mein letzter Start, es war wirklich richtig lässig. Auch für mich war das Gefühl überwältigend, als ich gemerkt habe, wie sehr mein Mädchen sich für mich ins Zeug legt. Die Kleine zieht immer 65 Kilo von der Stelle, das wäre so, als würde ich mit einem PKW joggen gehen. Das nenne ich "Herz zeigen". Ich bin unglaublich stolz. 


Hunde sehen uns, so wie wir sind, oder besser:
so wie wir sein könnten.