Lotte, der Wachhund

Lotte ist ein wirklich eindruckvoller, unglaublicher lauter, beeindruckender Hund. Meint sie. Ich glaube gestern Abend hat mein kleiner, süsser Beagle nochmal ganz neu über sich nachgedacht.
Mir war vorher schon einige Mal aufgefallen, wie unsicher Lotte geworden ist, wenn es abends dunkel wurde und ich nochmal mit ihr eine kleine Runde durch unseren Park laufen wollte. Lotte war dann im Licht immer ganz schnell mit allem fertig. Ich habe dem nie Beachtung geschenkt, aber gestern abend hat sie mich endgültig davon überzeugt, dass sie als Wachhund nichts taugt und mich im Ernstfall auch eher nicht verteidigen würde. (Was auch nicht ihr Job wäre, dafür hätte ich mich für einen anderen Hund entscheiden müssen.)

Wir gehen also frisch fröhlich los und ich war der Meinung ein besonders langer Spaziergang könnte mich vor der hereinbrechenden Grippe bewahren (hat nicht geklappt, Pech aber auch). Und wie das jedem Hundehalter so geht, man spaziert so durch den Wald und hat ja immer noch die Sommerzeit im Gefühl, es wird abends erst um 9 Uhr dunkel, da können wir ja noch ein ganzes Stück laufen, bis es ernst wird mit Lampe und Leuchthalsband. Falsch gedacht. Es wurde gestern abend nämlich schon um halb 8 dunkel. Ich hatte natürlich weder Kopflampe noch Leuchthalsband dabei und wie es das Glück wollte waren Lotte und ich natürlich am anderen Ende des Waldes, ohne Hoffnung in den nächsten 6 Minuten daheim vor der Tür zu stehen. Kann ja mal passieren. Mit Moritz wäre mir das reichlich egal gewesen, mit so einem grossen Hund an meiner Seite hätte mich sowieso niemand angefasst. Es wäre mir auch mit Lotte egal gewesen, wenn, ja wenn.....

Mit jeder Minute, in der das Licht dunkler wurde zogen sich nämlich auch Lotte Kreise um mich zu. Normalerweise läuft sie ohne Leine in einem Radius von ca. 15 Metern um mich herum, als es wirklich dunkel war, waren es maximal noch zwei. Und sie kennt den Weg, es war zwar dunkel, aber es war doch klar, wo wir waren und wo ich mit ihr langlaufen wollte. Damit aber nicht genug. In ihrer Genialität kläffte Lotte alles an, was sich bewegte. Blätter, Bäume, ..... Menschen waren glücklicherweise keine mehr im Wald, denn Lottes Stimme ist nicht gerade furchteinflössend, sondern eher witzig. Sie versucht tief und laut zu kläffen, aber wenn sie wirklich erschrickt, dann jabbelt ihre Stimme auf und es wird richtig hoch. Wie Männer im Stimmbruch. Und ihre ganze Mimik ist dabei grotesk. Auf der einen Seite will sie unbedingt ganz stark wirken und kläfft mit aufgestelltem Schwanz das "Wasauchimmer" an, passiert dabei aber unvorhergesehenes, nimmt sie Reissaus, gerne hinter meine Beine. Die Grosse wird's wohl richten.

Die Spazierstrecke gestern Abend hatte ich so gewählt, dass ich an einem der schönsten Plätze in unserem Wald vorbeilief. Einige Künstler stellen dort aus Holz Figuren her, sie sind wunderschön, es sind Zwerge, Menschen, Tiere, Fabelwesen, diese Tiere stehen dann überall im Wald verteilt. Nur an einer Stelle "lagern" sie die unfertigen Arbeiten, eine davon war mit einem Plastik zugedeckt, das der Wind weggeweht hatte und das nun auf dem Weg lag. Lotte war ziemlich fasziniert von einer Spur und achtete gestern offenbar nicht auf den Weg, sondern lief in der Dunkelheit geradewegs auf dieses Plastik drauf. Eigentlich macht ihr das nichts, aber ich habe meinen Hund noch nie so hoch springen sehen, wie gestern. Zu Tode erschrocken lief sie weiter und kam keine 10 Meter später an die "Lotte-Gedächtnis-Stelle", dort nämlich stehen auf einer kleinen Lichtung, die man vom Weg aus sehen kann einige Holzwildschweine. Lotte vergisst das glaube ich immer wieder, denn in der Dunkelheit sahen diese Stauten täuschend echt aus und nach dem Plastikeindruck sprang Lotte auch hier wie von der Tarantel gestochen vom Weg und kläffte sich danach vor lauter Empörung und Schreck die Seele aus dem Hals.

Ich würde diese Szenen so gerne aufnehmen, denn eine oder zwei Stunden spazieren gehen am Abend machen aus mir einen so glücklichen und ausgeglichenen Menschen, wie ich es ohne meinen Hund nicht wäre. Ich habe gestern Abend, obwohl ich allein unterwegs war, so herrlich gelacht. Einfach weil mich mein Hund zum Lachen bringt.

Wie man aus diesen Zeilen lesen kann, Lotte taugt nicht zum Beschützen. Sie möchte viel eher beschützt werden. Obwohl sie natürlich gleichzeitig forsch und frech ist, wenn sie in einer Situation die Herrin ist. Dunkelheit gehört noch nicht dazu.... Ich weiss noch nicht genau, wie ich meinem kleinen Hund beibringen soll, dass jetzt diese fiese, kalte, dunkle Jahreszeit anfängt, aber eines weiss ich jetzt schon. Wir werden Spass haben.