Lotte und ich sind also die letzen vier Monate nur mit Schleppleine oder sehr früh morgens unterwegs gewesen. Früh morgens nämlich wird nicht kontrolliert. Eigentlich völlig widersinnig, denn wenn man Waldtiere sehen möchte, dann sicher früh morgens. Die meisten Tiere passen ihren Tagesrhytmus nämlich den "Ruhezeiten" im Wald an oder sind sowieso schon dämmerungsaktiv. Zum Glück gibt es nah bei uns die langen Erlen, wo den Hunden dieser dämliche Zwang nicht auferlegt wird. Trotzdem ist es keine Alternative für jeden Tag, da ich doch mindestens eine Dreiviertelstunde unterwegs bin, ohne, dass Lotte die Pfote auf den Boden gesetzt hat.
Nach Ablauf der Frist sieht man sehr schöne Szenen im Wald. Alle Hunde laufen wieder ohne Leine, man stelle sich eine Horde Kinder vor, die vier Moate den Spielplatz zwar anschauen durften, aber nur bei Mama an der Hand spielen durften. Jetzt dürfen sie sich endlich so richtig austoben und ab geht die Luzi. Die Hunde toben durch den Wald, sie spielen, schnüffeln, suchen. Unglaublich befreiend. Bis jetzt habe ich noch keinen durch den Wald pesen sehen, der nicht wieder zurückgekommen wäre. Die meisten sind gut erzogen und die meisten Besitzer haben mittlerweile ein gutes Gespür und die nötige Rücksicht ihre wildernden Hunde an die Leine zu nehmen. Hundebesitzer werden ja hier schon vor der Anschaffung des Hundes auf die Gefahren des Wilderns hingewiesen und man merkt, dass es ein tieferes Verständnis gibt. Wozu sonst werden die theoretischen Kurse verlangt? Ganz zu Schweigen von den obligatorischen praktischen Kursen, die Hund und Herrchen ja die Beziehungspflege und Unterordnung schmackhaft machen sollen (und grösstenteils auch tun).
Warum müssen die Hunde dann an die Leine, liebe Gemeinde Allschwil?
Leinepflicht für Hunde im Allschwiler Wald
Absolute Leinenpflicht für Hunde während der
Hauptsetz- und Brutzeit vom 1. April – 31. Juli 2010 im Allschwiler Wald
Zum Schutz unseres Jungwildes sind während der Hauptsetz- und Brutzeit von Anfang April bis Ende Juli alle Hunde im Wald und an den Waldsäumen stets an der Leine zu führen (siehe auch § 38 Abs. 1 des Kantonalen Jagdgesetzes sowie § 4 Abs. 2 des Hundereglements der Gemeinde Allschwil).
Diese Erklärung stinkt ehrlich gesagt zum Himmel. Zum Schutz des Jungwildes? Im Sommer ist so viel los in den Wäldern, dass ich im Sommer nie irgendwelche Rehe sehe. Ausser sehr früh morgens und dann auch nur in einem Teil des Waldes, der sonst nicht sehr frequentiert ist. Es wird an allen Ecken und Enden grilliert, Mountainbiker bis zum Abwinken, Jogger, oder noch viel schlimmer, Orientierungsläufer, die den Wald unsicher machen. Schonen sie etwa das Jungwild? Ich habe noch keinen OL Läufer an der Leine gesehen, weil er quer durch den Wald rennt. Eine Busse für Personen, die ihre Hunde nicht unter Kontrolle halten können, oder so wie früher bei uns in Bielefeld, eine Abschussgenehmigung für wildernde Hunde, das wäre angemessen. Ja, ich spreche mich dafür aus. Und so steht es auch im oben erwähnten kantonalen Jagdgesetz.
Aber vier Monate Leinenzwang? Während das Wild wild gemacht wird durch alle Menschen, die sich im Sommer einfach öfter im Wald aufhalten? Einfach nicht fertig gedacht, liebe Gemeinde Allschwil. Das Jungwild wird nicht besser und nicht schlechter geschützt durch Hunde an der Leine. Woher wissen denn die Jungtiere, dass ab dem 1. August die Hunde wieder freilaufen? Erzählen sie ihnen das nachts? Achtung Zwerge, wenns knallt, dann kommen die Hunde wieder?
Ich bin auch sehr dafür, das Jungwild zu schützen, die ganze Flora und Fauna im Allschwilerwald ist einfach übernutzt, aber vielleicht sollte man einfach mal bei den Mountainbikern anfangen? Sie rasen wie die gestörten Säue quer durch den Wald, ohne Rücksicht auf Verluste oder Wege. Wegtreue, ein Graus, wir wollen frei und unabhängig sein, es ist denen doch so schnurz, dass man im Naturschutzgebiet die Wege beachten sollte. Reiter? Egal, wir donnern Vollgas dran vorbei... Ist doch egal, wenn Reiter runter kommt. Wenn man die Dreistigkeit besitzt etwas dazu zu sagen, dann gibts noch einen dummen Spruch hinterher. Spaziergänger mit Hunden (an der Schleppleine) werden dumm angemacht, wenn der Hund mit der Leine vor dem Fahrrad herläuft. Nicht nur, dass wir die Hunde an der Leine haben, nein, das bisschen Auslauf, das sie habe wird auch noch alle paar Meter beschnitten, weil wieder irgendein Jogger daherkommt. Könnte man den Hund, wie jetzt endlich wieder laufen lassen oder auf Weite absetzen lassen, kommt man sich weniger ins Gehege. Aber Hauptsache, die Gemeinde Allschwil verdient sich eine goldene Nase an den Bussen, die sie an die Hundebesitzer verteilen. Wohlgemerkt laufen die Polizisten nicht etwa durch den Wald, völlig falsch. Sie nehmen das Auto und fahren mit dem Auto durch den Wald. Damit die Jungtiere sich schonmal daran gewöhnen, oder wie? Wildschutz? Fehlanzeige... Wozu genau braucht es dann eine spezielle Fahrgenehmigung im Wald. Wer passt hier eigentlich auf die Wächter auf?
Ich verstehe einen Leinenzwang in unberührten Waldgebieten, ebenso in Naturschutzgebieten, ich bin auch vollkommen damit einverstanden, dass man Waldgebiete für Hunde ohne Leine sperrt. Also eine Zone einrichtet, in der Hunde nur an der Leine laufen dürfen, mit der Prämisse, dass dort auch wirklich Ruhe ist. Keine Mountainbiker, keine Jogger, keine OL Läufer. Am besten auch keine Spaziergänger und auch wenn es mir wehtut, keine Reiter. Die letzte wäre die konsequenteste Lösung. Aber der Irrsinn, dass man die Hunde an die Leine zwingt, während gleichzeitig der Wald überbevölkert wird, das muss mir erst jemand plausibel erklären. Praktisch jeden Abend sind mindestens drei Grillgruppen unterwegs und dank portabler Lautsprecher kann das Rehkitz auch gleich Metal zum Einschlafen hören. Da soll mir noch jemand erzählen, dass Rehe, als Fluchttiere, sich frei und wohl im Wald bewegen. Sie ergreifen wohl eher die Flucht, wenn ich nur allein die Reaktion einiger Pferde auf laute Musik betrachte. Ein Ricke, die die Flucht ergreift lässt ihr Kitz zurück. Super Wildschutz, liebe Gemeinde Allschwil. Und ich beziehe mich hier nur auf Rehe, von anderen Tieren ganz zu schweigen.
Wie schätzt die Gemeindepolizei Allschwil denn den Schutz der Jungtiere am 1. August ein? Offiziell ist das der erste Tag, an dem die Hunde wieder freilaufen dürfen. Deshalb gilt völlige Anarchie? Die Jungtiere werden vom 31. Juli auf den 1. August sofort erwachsen... Oder?! Der erste August war aus meinen Augen im Allschwilerwald ein Horrortag für jedes Tier. Den ganzen Tag liefen ballernde Kinder, Väter, Jugendliche durch den Wald. Nicht nur auf den Wegen und an den Grillplätzen, überall wurde geknallt. Das ist wirklich toller Schutz. Um das Fass zum Überlaufen zu bringen wurden die diversen Abfälle liegen gelassen. Macht ja nichts, wenn die Waldviecher vor lauter Schreck vor die Autos laufen oder sich an dem Dreck zu Tode fressen. Polizei? An diesem Tag abwesend im Wald. Die hatten frei oder waren jedenfalls nicht sichtbar im Wald, ich war immerhin fast 4 Stunden mit Lotte an dem Tag unterwegs und habe sie nicht einmal gesehen. Tierschutz ja gerne, aber bitte nur zu Bürozeiten?
Die Allschwiler Polizei ist nur ganz schnell auf den Füssen, wenn es um die Bussen für die Hundehalter geht. Ruft man dort an, um zu sagen, dass man gerade fast vom Pferd gefallen ist, weil wieder ein idiotischer Bauer den neuen Geschwindigkeitsrekord zwischen Hof und Feld aufstellen wollte, dann lächeln sie müde und sagen, dass sie halt nichts tun könnten. Es hat ein bisschen was von Big Brother is watching you, wenn sich die netten Herren wieder hinterm Busch verstecken um einen Hundehalter zu büssen. Am allerliebsten verteilen sie aber strafen an der Hundeschule. Abends, wenn man die Hunde vor dem Training noch schnell pieseln lassen möchte und am 1. April nicht daran denkt, dass Leinenpflicht ist.
Was ich mir wünsche? Eine vernünftige Umsetzung der Jagdordnung, aber auch eine gute Umsetzung des Tierschutzgesetzes, das besagt, dass Hunde täglich im Freien ausgeführt und nach ihren Bedürfnissen bewegt werden müssen. Ein Grossteil des Auslaufs sollte unangeleint passieren.
Die Gemeinde Allschwil zwingt also die Hundehalter, die nicht gerade in die langen Erlen fahren können zu einer Straftat. Denn mit dem Halten des Hundes an der Leine verstosse ich gegen das Gesetz, ich wohne nunmal nah an Allschwil, ich habe nicht jeden Tag Zeit weit zu fahren also muss ich doch mehr als 100 Meter die Chance haben, meinen Hund freilassen zu können. Ich gehe am Tag zwischen zwei und vier Stunden spazieren, ein Grossteil des Weges sollte mein Hund unangeleint verbringen dürfen, dass macht nach meiner Berechnung mindestens eine Stunde Weg.
Es ist mir klar, dass es utopisch ist, dass alle Hundehalter ihre Hunde unter Kontrolle haben. Aber das Jagdgesetz sieht vor, dass wildernde Hunde abgeschossen werden dürfen. In meinen Augen dürfte man gern ein Exempel statuieren, damit die restlichen Hundehalter ihre Hunde ausbilden. Natürlich würde es riesigen Aufruhr geben, aber für die Hunde wäre es gut. Denn so würde der Besuch einer Hundeschule neben dem obligatorischen Kurs sehr attraktiv und Hund und Halter würden profitieren. Vermutlich würden sich die Menschen auch zweimal überlegen, ob sie den Willen und die Zeit aufbringen einen Hund auszubilden und damit würde der Wald, durch weniger Hunde auch wieder mehr entlastet.