Die Idee zu diesem Post kam mir nach einem Konzert mit Simone, ich musste an Chicca und Moritz denken, an die Zeit und die Vertrautheit mit alten Hunden. Lotte war daheim geblieben und eigentlich ist es viel zu spät, um noch zu posten, aber das Thema lässt mich nicht schlafen.
Wann ist eigentlich die beste Zeit im Leben eines Hundes? Nicht von der Hundeseite aus gesehen, sondern von der menschlichen.
Vielleicht ist es die Welpenzeit, eine neue Ära beginnt. Man holt die Kleinen ins Haus und alle Menschen um einen herum finden den Hund knuddelig und süss. Die Zwerge schlafen auf dem eigenen Bauch, sie spielen so niedlich und erst die Gesichter. Lotte war so knuddelig und so schmusig, anhänglich, lieb. Andereseits bestand sie aus wahnsinnig viel Wasser und Winter ist echt keine coole Zeit um eine längere Zeit in Shorts vor der Tür zustehen und leise "pieseln" vor sich hin zu sagen und zu hoffen, dass am Ende die Beine noch dran sind. Meine und die der Kleinen. Bei uns in der Wohnung nahm der Teppich für eine Zeit einen unsäglichen Geruch an (der sich mittlerweile dankenswerter Weise wieder verflüchtigt hat). Draussen pieseln bei Schnee, Eis und -15 Grad Kälte ist einfach echt kein grosser Spass. Welpenbesitzer haben es im Sommer da bedeutend einfacher. Aber ganz ehrlich, diese Phase ist so schnell vorbei und mit so viel Schlafmangel und Selbstzweifeln und Sorgen besetzt, das sie zwar schön, aber unglaublich anstrengend für Mensch und Hund ist. Und die nähere Umwelt, Simone kann ein Lied davon singen, meine Familie auch. Ohne Lotte? Ohne mich.
Kein Hundebesitzer würde retrospektiv behaupten, dass die Teeniezeit die schönste Zeit mit dem Hund ist. Auf einmal ist das Hirn auf Durchzug gestellt, die Teenies haben auch sonst einige neue Flausen im Kopf, die man noch gar nicht so kannte. Aber ich finde die Teeniezeit trotzdem auch etwas besonderes, Lotte lässt sich allein durch Lob und Anerkennung sehr gut loben und erziehen, Leckerchen sind derzeit eher Mangelware. Bindung stellt man besser durch Loben und gemeinsames Spiel her. Gestern Abend haben wir spontan noch eine Stunde im Haus miteinander gespielt und spielerisch gelernt Pfote zu geben, meine Kleine fand das total genial. Was nicht heissen will, dass draussen immer alles glatt läuft. Aber ich versuche Lob in den Vordergrund zu stellen und sie nicht allzu sehr zu tadeln (obwohl ich sie zwischendurch auf den Mond schiessen könnte, um aber ehrlicherweise in 10 Minuten hinterherzufliegen). Gerade ist Wälzen wieder sehr in Mode, Hundeparfum entspricht aber nicht unserer Definition von gutem Geruch. Ein Nein wird nur widerwillig bis "uups, schon passiert, jetzt ist auch schon egal" zur Kenntnis genommen. Endet meist in einer Dusche mit Shampoo, das meinem Geruchsempfinden schmeichelt.
Die Twen Zeit ist eine markante Abwechslung zur Teenie Zeit, man wird reif, erwachsen, stark und besinnt sich auf die eigenen Stärken. Die Rüden bleiben zwar rüpeliger, aber sind keine testosterongesteuerten Deppen mehr. Die Bindung wird wieder stärker und wächst mit jedem Jahr. Die Hunde könne sportlich so richtig durchstarten, die Knochen und das Hirn sind fertig, die Jobs sind verteilt. Der Hund weiss so langsam, wer was sagt und wer was darf. Super Zeit, man kann so richtig angeben mit einem gut erzogenen Hund, die anderen können jetzt nochmal alles lernen. In der Teeniezeit besinnt man sich besser auf Altbekanntes und gibt keine grossartigen Neuigkeiten dazu, sondern versucht das Gelernte wieder abrufbar zu machen. WOW, vielleicht ist das die beste Phase?
Danach nehmen die sportlichen Leistungen ab, aber man schwebt mit jede Jahr ein bisschen mehr auf der selben Wellenlänge. Am Ende, wenn es am schwersten wird, den Hund wieder herzugeben kann man ihn lesen wie ein Buch. Mo war in den letzten drei Jahren ein offenes Buch für mich. Ich kannte jede Seite, ich wusste jede Wort, jede Unzulänglichkeit. So ähnlich ist es bei allen alten Hunden. Sie orientieren sich wieder extrem an ihrer Bezugsperson, sie werden anhänglich, schlafen viel, kuscheln viel. Sie suchen Anlehnung, sind weniger erfreut an Überraschungen und neuen Dingen. Alte Hunde sind ein bisschen wie alte Menschen, sie motzen manchmal mit den Jungen und möchten eigentlich nichts lieber, als auch wieder mitspielen können.
Als Mensch sieht man mit jedem Jahr die körperlichen Unzulänglichkeiten, die steifen Gelenke, die immer schlechteren Augen, man bemerkt das schlechtere Hörvermögen. Kein Hundebesitzer mag sich das eingestehen, aber jeder bemerkt die Anfänge und hofft doch, dass es noch nicht so weit sein möge. Schliesslich hat man sich gerade so sehr an diese Begleiter gewöhnt, das Leben darauf eingerichtet. Wie ein altes Ehepaar lebt man miteinander, man kennt sich, kennt Schwächen und Stärken des anderen.
Eines ist aber in allen Phasen klar, ein Hund gehört nie einer Person, vielleicht kurzfristig, in einer Lebensphase. Aber es gibt immer noch eine zweite Person, die sehr wichtig für den Hund ist. Bei Lotte ist das so klar Simone, die beiden haben sich einfach gern und Lotte vertraut uns beiden. Simone ist genauso Lotte Bezugsperson, wie ich das bin. Die beiden führen ein Eigenleben in das ich nicht hereinschauen kann und auch nicht will. Es gehört einfach ihnen. Moritz war in den letzen Jahren auch Raetos Hund, ich habe meinen Freund nie weinen sehen, aber an dem Tag, als dieser Hund starb gingen sogar bei meinem Freund, der sonst beherrscht ist bis ins Mark alle Schleusen auf. Die beiden waren viel gemeinsam spazieren und ich habe es Raeto zu verdanken, dass Moritz bis zu seinem letzten Atemzug über eine Stunde laufen konnte.
Moritz war auch immer Papas Hund, die beiden hatten auch ein Eigenleben. Das Bild der beiden, schlafend vor dem Fernseher werde ich wohl nie vergessen. Moritz war anfangs auch nicht wirklich mein, sondern eher Mamas Hund, den sie mir zu treuen Händen überlassen hat.
Das wunderbare an allen Zeiten ist aber immer, dass ein Hund jeder Person, die fest in seinem Leben verankert sind das Gefühl gibt, dass sie ganz besonders ist. Jeder sieht eine Seite, die ein anderer nicht sieht. Jeder hat sein Geheimnis mit seinem Hund in jedem Lebensabschnitt.
Deshalb ist jedes Jahr, jeder Tag etwas besonderes. Jeder bringt etwas neues :-) Die beste Zeit ist immer jetzt, jede Zeit sollte man im Herzen behalten, denn jede Zeit ist zu schnell vorbeit.
Zünde alle Feuer.
Plauder auf mich ein.
Geh so weit du kannst
und wenn das Ende kommt.
Zeig mir dass ich da bin.
Schrei so laut du kannst.
Leg deine Hand auf mein Herz!
Ich weiß nicht,
wie weit es ist.
Wohin du gehst.
Auf wen du stehst.
Ich fliege nicht.
Ich liebe dich 1 2 3!
(Philipp Poisel, Zünde alle Feuer)