Wir würden doch so gern Abschied nehmen...

Ach, was war das für ein Monat, Lottchen und ich haben unsere Traumwohnung gefunden und wir sind auch direkt eingezogen. Manche Dinge verändern sich schneller, als man denkt. Gar nicht weit von unserer alten Wohnung leben wir jetzt in einer grossen Zweizimmerwohnung, nur wir beide ganz für uns und ich geniesse die Zeit mit meiner Lotte. Sie wird mit jedem Tag mehr zu meinem Hundi, ihr meintet doch nicht etwa, dass ich mich von Lotte trennen könnte?!? :-)
Wir nehmen Abschied vom Winter, oder versuchen es beide sehr angestrengt. Und von alten Gewohnheiten.

Lottchen, meine kleine, freche Lotte, geniesst die Zeit zu zweit, sie darf zwar nicht mehr auf dem Sofa liegen, aber wir haben jetzt neue Kuschelplätze entdeckt, wir waren viel zusammen in der Stadt und haben uns neue Möbel, etc. gekauft. Lotte findet IKEA klasse, viel zu schnüffeln. Ausserdem gibt es jedes Mal ein neues Spielzeug, noch so ein Abschied, den Lotte oft verkraften muss, irgendwann sind die alten Dinger einfach hinüber und gehen dann den Gang alles irdischen. Lotte weidet sie fachmännisch aus und lässt nicht ein bisschen Stopfmaterial in dem Vieh drin. Zum Glück haben wird Parkettboden in der neuen Wohnung, da lässt sichs leichter aufsammeln. Durch unsere vielen Stadtbesuche ist Leine laufen jetzt nicht mehr so unglaublich unangenehm, findet Lotte, ausserdem ist sie der geborene Shooting Star, obwohl sie sich mehr und mehr die Menschen aussucht, die sie beachtet. Längst nicht jeder ist gut genug, das war mir schon länger im Wald aufgefallen, aber in der Stadt ist es jetzt auch offensichtlich, man könnte schon fast von einer hündischen Hochnäsigkeit sprechen, die Lotte an den Tag legt. Beachtet jemand meinen Hund aber nicht, dann zieht sie die Karte "armer Hund" aus dem Ärmel, herzerweichendes Ausschnaufen, verlegenes Kratzen hinterm Ohr und ganz neu im Repertoire ist der leicht vorwurfsvolle Blick nach oben, bei dem man ein ganz kleines bisschen weiss der Augen sieht. So theatralisch, so schön, so geübt, so gekonnt und immer wieder überzeugend. Sogar Menschen, die Hunden nichts abgewinnen können, Lotte darf alles. Lotte darf sogar mit in den Coop, der Securitymensch am Eingang konnte nicht verkraften, dass der arme Hund bei der Kälte draussen sitzen muss (ich habe elegant verschwiegen, dass wir vorher drei Stunden durch die langen Erlen getapert sind, schliesslich will ich der Grand Dame den Auftritt nicht vermiesen), da stellt er sich nah an den Eingang und nimmt den Beagle zu sich. Es wird nie langweilig mit diesem Hund.

Von Nic mussten wir auch Abschied nehmen, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass Lotte ihre neue Begleitung einfach lieber mag, Bibi, eine Drahthaar-Münsterländer Dame, die mit einem ähnlich kreativen Kopf ausgestattet ist wie Lotte. Und ich liebe Bibi vielleicht gerade deswegen, wer weiss, vielleicht gibts ja doch noch einen zweiten?! Aber zwei so Jagdviecher.. Bibi kommt uns ab und zu besuchen , oder wir gehen gemeinsam spazieren.
Die beiden sind ein unschlagbares Team, sie spielen, toben und machen gemeinsam unglaublich viel Blödsinn. Ausserdem ist Bibi auch eine Schauspielerin, die beiden lassen einen in den Situationen, in denen es darauf ankommt einen guten Eindruck zu machen  nie hängen. Die alte Dame mit dem kläffenden Zwergpinscher an der Leine, die beiden Jagdhunde, die im perfekten Sitz vor mir warten, ohne mit der Wimper zu zucken. DAS macht Eindruck, wenn man übersieht, dass die beiden vorher ganz vergessen hatten, dass "HIER" nicht das Kommando zum Wegrennen ist. Ausserdem wird man permanent darauf angesprochen, ob denn das gut gehen würde mit ZWEI Jagdhunden, vorbildlich kommen dann beide, zum Zuhören. Zwei Sekunden später ist das Ganze dann aber schnell wieder vergessen, guckt ja keiner mehr. Es braucht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, bringt dafür aber eindeutig mehr Spass.

Was für positive Abschiede... Manchmal muss man den Sprung in etwas neues wagen, um etwas besseres für sich zu finden, auch wenn es schwer fällt, das Alte loszulassen.
Ein Abschied, der aber nur furchtbar ist, wird am 1. April auf uns zukommen, Leinenzwang blüht. Ich probiere den Vorteil daraus zu sehen, ein verschärftes Schleppleinentraining, mehr Zeit für harte Arbeit mit der Pfeife, mehr Zeit für Schleppfährten, Schweissfährten, Stadtagility... Aber ein schwerer Abschied für einen Hund, der sich ohne Leine so pudelwohl fühlt wie Lotte. Auf der anderen Seite haben wir dann endlich den Winter hinter uns gelassen, den wiederum hasst mein Beagelchen ja. Seitdem es 14 Grad warm war bei uns besteht Lotte wieder auf ihrem täglichen Bad, wie sie es im Sommer immer genommen hat, wenigstens mit den Füssen rein. Sie besteht darauf, dass der Winter jetzt vorbei ist, egal, ob einem dabei die Füsse abfrieren. Sie verabschiedet sich auch vehement von allen Haaren. Wenn ich in einem meiner letzten Beiträge geschrieben habe, dass mein Hund sich kein Winterfell zugelegt hat, dann nehme ich alles zurück. Lotte haart wie ein Wollschwein, wir bürsten jeden Tag mehrfach (was sie über alles hasst und von dem sie sich gern verabschieden würde) und sie haart und haart und haart. Aber auch das geht (hoffentlich) vorbei.
Bis zum nächsten Blog dauert es sicher nicht so lang, aber Lottchen und ich waren wirklich angestrengt mit Kisten ein- und auspacken (besonders beim Zerreissen des Seidenpapiers war Lotte eine grosse Hilfe), Lotte musste sich an die neue Wohnung gewöhnen, was ziemlich schnell am Ende ging. Sie geniesst es wie ich auch, ihre Dummheiten haben spürbar abgenommen, meine Bücher sind noch ganz, obwohl sie bis zum Boden stehen. Sie ist ausgeglichen und wenn ich nach Hause komme, dann schauen mich gaaaaaanz müde Beagleaugen an. Unsere Nachbarn hören sie nie, auch wenn ich mal ausser Haus bin ohne Hund. (Was nun noch seltener vorkommt, weil sich meine Unistunden dezimiert haben und ich damit viel mehr kurze Schichten in der UBS arbeite...) Wir haben eine Work-Life-Dog Balance gefunden, die uns beiden hervorragend passt.



Sei meines Hundes Freund.
und du bist auch der meine.
Indianisches Sprichwort