Man muss nämlich nicht denken, dass Lotte, wenn es an der Tür klingelt, oder eine fremde Person hereinspaziert, aufsteht. Mitnichten. Meist ist für die Besitzer der Wohnung nicht einmal ein Schwanzwedeln drin, wenn sie die Augen aufmacht, dann war das Würdigung genug. "Bitte, das reicht, ich habe dich gesehen. Willst du was von mir, du weisst, wo mein Bett steht, ich mag es, wenn du dich neben mich setzt, aber erwarte bitte nicht, dass ich aufstehe. Auf gar keinen Fall. "Im Sommer war das noch anders, da wars aber auch noch nicht kalt.
Lottes Bett steht nämlich vor der Heizung, es ist also den ganzen Tag puschlig warm (warum hatte ich mich nochmal gefragt, warum der Hund kein Winterfell hat?!), denn es ist die einzige Heizung, die den ganzen Winter lang auf Stufe 6 von 5 durchpowert. Das Beaglechen liegt also wie hingegossen in seinem Bett und schläft seeligst. Bitte nicht stören.
Kurzfristig, deshalb auch der Titel, war Lotte etwas "out of order", weil frisch kastriert. Da hatten wir sie also ziemlich weit aus dem Leben geschossen, Vollnarkose und Bauch offen? Lotte war dermassen bedient. Sie kam nach Hause und fror so unglaublich, dass ich sie mit Wärmflasche (natürlich alle zwei Stunden frisch) und dicker Decke, neuem Spielzeug in ihr Bettchen verfrachtete und sie die nächsten paar Stunden fröstelnd ihren Rausch ausschlief.
Tatsächlich war auch die Tage danach nicht wirklich gut, also flugs ein rundum Lotte Service organisiert (mittlerweile findet sie schlafen zu Hause auch ganz chillig, gerne nach langen Morgenspaziergängen -.- *gäähn*), mal zu Papa ins Büro, dann mit in die Uni, früher aus der Schule heim, Auto organisiert, denn bei der Kälte im Anhänger mifahren geht ja auch gar nicht.
Lotte fand diesen Zirkus zwar nett, aber es ging ihr anfangs nicht gut. Es dauerte wirklich ein paar Tage, bis ich meinen Beaglezwerg wieder hatte.
Danach war sie aber ganz die Alte. Irgendwann muss man das vermaledeite Pflaster ja abziehen, gesagt, getan.
Das doofe Ding war natürlich voll Wasser - schonmal versucht einen Hund in eine Plastiktüte zu stopfen und mit ihm so spazieren zu gehen?, war natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, Lotte wollte entweder partout den Sack nicht um den Bauch haben und wenn ich ihn dann drum hatte auf gar keinen Fall auch nur einen Zentimeter damit gehen. Ja gut, dann eben ohne. Macht mehr Arbeit, kennen wir ja schon.
Danach also brav das Pflaster abgezogen, dabei habe ich ihr fast die Zitzen mit weggezogen, da macht Madame keinen Mucks. Ich hatte mir imaginär den Schweiss von der Stirn gewischt und dachte, wir hätten das Gröbste überstanden. Denkste. Natürlich hatte ich extra für Lotte das Desinfektionsspray besorgt, das nicht brennt. Und spezielle, wasserdichte Pflaster (für einen Preis, über den wir besser nicht sprechen). Ich wollte also behutsam das Spray auf die Wunde sprühen, Pflaster drauf, fertig. In dem Augenblick, in dem das nicht brennende Spray die Wunde benetzte fing Lotte an zu kreischen wie ein kleines Kind.
Natürlich hatte ich diese geniale Aktion auch allein geplant, zu zweit, wo wären wir denn da hin gekommen, also hatte ich alle Hände voll zu tun diesen Zwerg festzuhalten. Lotte kann sich winden, wie ein Aal. Indem wir unseren Gladiatorenkampf auf dem Sofa aufführten fiel natürlich das Pflaster herunter, auf die sterile Seite, ist doch klar. Neues aufgemacht, ich habe es sogar geschafft, dieses doofe Ding auf die Wunde zu legen (zum Glück hatte ich meiner Nachbarin Bescheid gesagt, sonst hätte sie vermutlich gedacht, dass der Hund an einem furchtbaren Leiden elendiglich zu Grunde geht) und es klebte nicht..... Muss ich mehr dazu sagen?
Am Ende habe ich mich dafür entschieden die ganze Wunde einfach offen zu lassen und Lotte einen Mantel mit Bauchlatz (ja, ich besitze so etwas) anzuziehen. Hat geklappt, Wunde ist zu, Fäden sind draussen, Hund ist noch ganz (auch wenn sie fest davon überzeugt war, dass sie sterben muss).
Die Fädenziehaktion ist übrigens ohne Theater von der Bühne gegangen, ich hatte es natürlich generalstabsmässig vorbereitet und auch darauf geachtet, dass notfalls ein starker Mann zugegen ist, der das Untier halten könnte (37cm hoch, 14.6 kg schwer). Unnötig zu erwähnen, dass Lotte vollkommen friedlich, ohne einen Mucks zu machen auf Simones Schoss sass und ich, wie selbstverständlich, die Naht aufmachen konnte. Ich liebe sie, denn ich wäre genau gleich.
Hunde! Wenn es sie nicht gäbe, man müsste sie erfinden. (Martin Pietralla)