Lotte studiert natürlich mit. In manchen Vorlesungen ist sie anwesend, in anderen glänzt sie durch Abwesenheit, aber immerhin. Aber ihr grösster Clou ist ihre wahnsinnig gute Unterstützung, wenn ich lerne.
Mittlerweile gehe ich ja am Tag zwischen 2 und 4 Stunden mit ihr spazieren, joggen, selten auch mal Velo fahren, oder reite mit ihr und Nic durch die Felder. Deshalb kommt sie, denke ich, auf keinen Fall zu kurz. Es ist zwar nicht mehr den ganzen Tag zu Hause jemand anwesend, aber ich denke doch die grösste Zeit. Oder sie ist dabei. Ihr Tagesprogramm ist also durchaus erfüllt.
Aber wenn ich mich abends hinsetze, dann erlaubt sie mir ungefähr drei Stunden lernen. Danach ist, ob ich will oder nicht, Lotte Zeit. Ich stelle mir dafür natürlich nicht den Wecker, der Wecker hat vier Pfoten und eine vorwitzige Nase. Es ist immer der gleiche Ablauf, habe ich festgestellt.
Zuerst quengelt sich die Kleine an meinen Schreibtisch und stellt die Vorderpfoten auf meine Oberschenkel und linst auf den Tisch. Dann läuft sie noch ein bisschen durchs Zimmer und legt sich nochmal hin. Das ganze wiederholt sich ungefähr drei Mal.
Dann sucht sich Lotte ein Spielzeug, das man möglichst dramatisch einsetzen kann. Ein Stofftier bringt hier gar nichts, es muss schon was mit Gummi dran sein (dieser Hund hat natürlich genügend Auswahl...). Den mit diesem Gummiding kann man wunderbar Lärm auf meinem Boden machen. Aber dabei schaut sie mich nicht an, sie wirft es für sich selbst durch den Raum, rennt hinterher, wirft es wieder und schüttelt es tot. "Ich spiele ganz allein mit mir, ich will dich gar nicht stören, bei deiner doofen Arbeit."
Irgendwann fällt dann besagtes Gummiding wie von selbst neben meinen Schreibtischstuhl. Und dann nochmal und nochmal. Meistens gehe ich auf diesenTeil der Übung noch nicht ein. Wenn Lotte also merkt, dass es nicht fruchtet und ich immer noch nicht merke, dass sie jetzt bitte eine schöpferische Spielpause einlegen möchte, dann fängt sie an, meine Ordner aus Versehen umzuschubsen. Sie würde das nie so aussehen lassen, als täte sie es extra. Bei weitem nicht. Sie geht einfach so nah dran vorbei und wedelt kurz mit dem Schwanz, bis sie ganz von allein schwupps, auf dem Boden liegen.
Ich glaube, sie hat das wirklich lange probiert, denn das ist wirklich fast artistisch.
Dann liegt der Ordner also auf dem Boden, den muss ich dann wieder richtig hinstellen, indem ich dann sowieso schon unten bin mit dem Gesicht kann man noch schnell durch eben jenes den Waschlappen ziehen, obwohl ich das gar nicht mag. Ich spreche Lotte dann an und dann kommt der am besten einstudierte Part.
Lotte guckt mich dann mit genau diesem Hundegesicht an, dem man nicht widerstehen kann. Dieses "Bitte, Bitte, Bitte". Bei Bettelei um ein Leckerchen kann ich ja fest bleiben wie Granit. Aber bei "Bitte eine Runde spielen, Blödsinn machen, mich lieb haben.." Nein, wirklich nicht.
Lotte ist am Ziel ihrer Träume und wir toben und spielen eine Runde durchs Zimmer. Üben ein paar dumme Dinge, wie Pfote geben oder so. Schliesslich muss ja wenigstens einer von uns etwas lernen... Bis ich mich wieder an Schreibtisch setze und einige Zeit später das gleiche Theater wieder anfängt.
Ich denke immer, es dient unserer Beziehung, die ja ohnehin vermutlich nicht absonderlicher sein könnte, wenn man es bei Lichte betrachtet. Ich liebe meinen Hund von ganzem Herzen und ich würde mein halbes Leben für sie umstellen. Dabei würden manche Menschen sagen "Wozu, es ist doch nur ein Hund." Diese Menschen wurden nie beim Lernen von einem Hund abgelenkt, denn danach lernt man besser, weil man garantiert gelacht hat.
I`ll never be single, I`ll always come in pair.
Ich hoffe zuversichtlich, im Himmel meinen Hunden wiederzubegegnen.Otto von Bismarck