Harte Entscheide

Der Blog war wieder einmal eine kurze Zeit verwaist. Wie ich beim letzten Mal schon geschrieben hatte, ist Lotte bereits mit 10 Monaten zum ersten Mal läufig geworden. (Für alle nicht Hündeler: Sie hat das erste Mal ihre Tage bekommen...) Armes Mädel. Mein sonst so aufgeweckte Hündin hat sich in ein Häufchen Elend verwandelt, dass am allerliebsten den lieben langen Tag lang bemuttert werden wollte. Sie hat kaum etwas gefressen, ihre Laune war eigentlich immer zum Heulen. Ausserdem hat sie Angst vor den komischsten Dingen gezeigt. Wir waren zwar viel spazieren, um sie abzulenken, aber sie war einfach gar nicht sie selbst. Traurig, nervös, dann wiederum hyperaktiv. Das ganze gipfelte in einer beinahe furchtbaren Entzündung ihrer Gebärmutter, also musste sie zum Ende auch noch Antibiotika nehmen.

Meine Mausi, sie hat mir so furchtbar leid getan. Und als wäre das alles nicht genug gewesen war ich auch noch 4 Tage nicht da und Raeto hat auf die Kleine aufgepasst. Das aber nebenbei gesagt ganz wunderbar. Eigentlich hätte ich sie überall mit hin genommen, aber ein Openair ist einfach kein Ort für Hunde.

Was tun sprach Zeus, wir waren natürlich beim Tierarzt, mit Abstrich und allem Schnickedöns. Natürlich könnte ich Lotte so sein lassen, wie sie ist. Aber will ich das? Ich hätte es mir natürlich über alle Massen gewünscht mit Lotte einmal einen Wurf Welpen erleben zu dürfen. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Frage nach der Verhältnismässigkeit. Ist es fair von mir sie zweimal im Jahr so leiden zu sehen, wie sie diese Läufigkeit gelitten hat? Sie war so schnell beleidigt und ängstlich anderen Hunden gegenüber, weil eigentlich alle nur das eine von ihr wollten... Den ersten Wurf könnte ich mit ihr, realistischerweise erst in frühestens vier Jahren planen, denn dann hätte ich genug Zeit auch die ganze Zeit bei ihr und den Welpis zu sein. Das wären acht Läufigkeiten, oder mindestens sieben.

Eigentlich bin ich ja kein Fan von Sterilisation oder Kastration, aber wenn ein Tier darunter leidet, dann sollte man es in Betracht ziehen. Ich wollte Lotte nie primär als Zuchthündin, sie ist meine Begleiterin, mein Hund, mein Beagle, meine Bohne. Ich bin keine semiprofessionelle Züchterin und ich habe meinen Hund auch nicht nach diesen Gesichtspunkten ausgesucht. Eigentlich habe ich sie gar nicht ausgesucht, sie war die Hündin, die "über geblieben" ist. Sie hat also eigentlich mich ausgesucht.

Und sie ist eine wahrhaft wunderbare Begleitung geworden. Mit ihren zehn Monaten managt sie ohne weiteres einen Nachmittag mit Simone am Mittagstisch, wo sie sich (so habe ich es gehört :-) ) vorbildlichst mit den Kindern verhalten hat. Sie geht überall mit hin, sie läuft frei im Wald, sie ist mein Schatten und meine Sonne, wenn ich morgens aufstehe.

Ich möchte meinem Bohni keine weitere Läufigkeit antun, sie stand vollkommen neben sich. Nicht für mein eigenes Vergnügen. Es gibt mir schon einen Stich ins Herz, was mir auch schwer zu schaffen macht ist die Tatsache, dass ich nicht weiss, welchen Einfluss eine Kastration auf die Kleine hat. Es ist bei ihr ohne weiteres wichtig, bei der nächsten Läufigkeit wäre die Gefahr gross, dass sich die Gebärmutter auffaltet und Lotte dann wirklich ernsthaft in Gefahr kommt. Was ich als allerletzes möchte. Die Entscheidung ist mir gar nicht leicht gefallen. Wie gesagt, ich bin gar kein Fan dieser Methode, aber etwas anderes kommt nicht in Frage. Ich möchte mit Lotte noch viele, viele Weihnachten feiern und sie nicht wegen einigen untergeordneten Wünschen meinerseits leiden lassen.
Es fällt mir unglaublich schwer, diesen Entscheid so zu treffen.

Jetzt geht es meiner Bohne übrigens wieder sehr gut. Sie ist wieder fast die Alte, mit ein ganz bisschen weniger Flausen im Kopf. Um den Finger wickeln kann sie mich aber immer noch. Sonst würde sie jetzt nicht auf einem Handtuch bei mir mit im Bett liegen und schnarchen. Seit die Läufigkeit vorbei ist, ist sie wieder ganz die Alte. Sie rast wieder voller Freude über die Felder, sie badet die Füsse in jeder Art Wasser, Sie frisst wieder mehr und sie hasst Regen wieder aus vollem Herzen. (Mittlerweile geht sie, wenn es regnet möglichst dich an Häusern vorbei und gibt dabei in tiefes "Wuff" ab, was den Unmut, den ihre Gesichtsmimik ausdrückt nur noch weiter unterstreicht). Sie spielt wieder mit anderen Hunden, sagt wieder "Guten Morgen" am Bett. Ich habe diesen kleinen Hund die fast drei Wochen schmerzlich vermisst, sie war so anders. Vielleicht musste es so kommen. So muss meine Bohne nie wieder diesem anderen Hund Platz machen, der sie kurzzeitig war. Das Original habe ich immer noch am liebsten und mit jedem Tag noch viel lieber.

Ich fand heraus, dass einem in tiefen Kummer von der stillen, hingebungsvollen Kameradschaft eines Hundes Kräfte zufließen, die einem keine andere Quelle spendet.

Doris Day