Charakterhunde

Heute Abend lief das Dschungelbuch und bei mir die Tränen. Balou, der Bär erinnert mich einfach sehr an meinen alten Labbi. Er war genau so ein Bär, wie Balou, genau so unbedarft, manchmal genau so blauäugig und einfach zum lieb haben. 
Müsste ich Lotte kategorisieren... Mmmh. Schwierig, legally blonde? oder vielleicht doch eher Robin aus How I met your mother (aka. How I met every girl in NY, except your mother.). 
Aber wie dem auch sei, wenn mein alter Mann mir durch den Kopf geht, dann muss ich insgeheim immer darüber lachen, weil sich offenbar jemand einen Scherz erlaubt hat und mir nacheinander zwei vollkommen unterschiedliche Charaktere zur Seite gestellt hat. 
Der allgemeine Unterschied zwischen Rüden und Hündinnen ist, so fern ich das aus meiner Sicht sagen kann, ähnlich weit wie bei Männlein und Weiblein. Mo ist mit mir durch die harte Teenieschule gegangen, ich habe ihn nie vergessen, aber er musste alles, wirklich alles mitmachen. Stundenlang mitlaufen, wenn ich reiten darf (zugegeben, nicht sooo tragisch), meine ersten Autofahrversuche, in denen ich probierte meine Rennlizenz auf der Strasse zu ergattern (gaanz tragisch, ich entschuldige mich bei ihm), Männer in meinem Leben, von denen er einige abgrundtief hasste (die mein Leben nie lang bereicherten). Aber eines war er immer, ein richtiger Kumpel, er nahm mir nie etwas krumm, dafür liess er sich immer nur bis ca. 90% motivieren, dann war Schluss. Dabei sein war alles für ihn, er war ein Charmeur, ein Blödian, Pluto. Ein Hundemann in meinem Leben, der seine Lebensaufgabe darin sah mich zu begleiten und mir zu gefallen, ein Schmusebär und mein Tatortbegleiter. Er meisterte alles. Sein Tod war ein schrecklicher Verlust, ein Teil meines riesigen Hundeherzen wird immer ihm gehören. Welcher Teenie kann schon von sich behaupten mit einem betrunkenen Hundemann nach Hause gelaufen zu sein (wir fanden am gleichen Abend unsere Liebe zu Bier...)...
Auf einmal war er weg. Von jetzt auf gleich entstand eine riesige Lücke in meinem Leben. 
Gefüllt wurde sie durch: Lotte, wer hätte das gedacht. 
Lotte ist zwar nicht das absolute Gegenteil zu Mo, aber durchaus etwas gaaanz anderes. So anhänglich wie Moritz war, so eigenständig ist Lotte. Meine Mutter behauptet steif und fest, dass Lotte sich wie Eddie (the beagle, aus Herrchenjahre), wenn sie keine Lust mehr auf mich hat, einfach ihren kleinen Beaglerucksack packt und sich bis nach Helsinki durchschnüffeln würde. Autark ist ihr Lebensmotto, war Moritz ein Begleiter, dann ist sie Partnerin. Sie fordert ihren Platz im Leben. Mit Eifersucht und fremden Männern hat sie nicht zu kämpfen und wohlweislich habe ich ihr auch (noch) nicht verraten, dass Hund oft liebend gern Bier mögen. Jedenfalls unsere, Ira, unsere erste Labbihündin kam einmal an Mamas Geburtstag betrunken von einer Jagd nach Hause. Die Freude meiner Mum war unbändig, aber immerhin, betrunkene Hunde kotzen nicht, sie schnarchen nur seeehr laut. 
Dafür kämpfen wir einen täglichen Kampf gegen verschmutzte Ohren, war Moritz eher einfach zu erziehen, dann braucht Lotte wirklich Ausdauer. Wären die Hunde im umgekehrter Reihenfolge gekommen, welch Katastrophe! 
Da kommen wir auch gleich zum nächsten Problem, Mädchen unter sich sind, ja, es ist so, manchmal einfach richtige Zicken. Wenn Mo meine giftigen Tage einfach ertragen hat (so viele gibt es da auch wieder nicht), dann sind das genau die Tage, wo ich Lotte am liebsten mit dem Mann in meinem Leben verbandele, weil ich sie unerträglich zickig finde und sie mich garantiert auch. Wir zicken uns so richtig an. Wenn wir aber einen guten Tag haben, dann sind wir ein unschlagbares Team,. Sie gibt 300%, ein Arbeitstier. Und es gibt viele gute Tage, die mich WOW stolz machen. Hat Moritz bestimmte Grenzen irgendwann einfach akzeptiert, dann verhandelt Lotte diese regelmässig. Sie wäre die perfekte Scheidungsanwältin, jeder Mann liegt ihr zu Füssen und sie ist berechnend und clever. Sie weiss genau, dass sie nur lange genug warten muss, bis sie bekommt, was sie will. 
Welches Glück ich doch habe, ich komme gar nie in die Verlegenheit meine Hund im Alltag unbewusst miteinander zu vergleichen, des einen Stärke ist der anderen Schwäche und umgekehrt. Brauchte Mo zum Arbeiten wenig Motivation, weil er es sowieso richtig machen wollte, dann muss man Lotte schon etwas bieten. Hat sie den Spass allerdings begriffen, dann dreht sie voll auf. Agility? Kein Problem, sie fegt über die Hindernisse. Das findet sie einfach richtig grandios, es geht ihr auch nie schnell genug. Ich muss mittlerweile ziemlich hetzen. Canincross, das dauerte zwar eine Weile, aber mittlerweile: grosse Party. Nur eins, da kriegt Madame echt die Krise: Einengendes jeder Couleur, Gestell, Hundemantel, etc. Ich ziehe ihr das Gestell ja nur an, wenn irgendetwas an ihr zieht, aber das Gesicht, ach du meine Güte. Mo waren solche Sachen völlig wurst, dafür war er einfach nicht der mutige Hase Cäsar, Lotte hingegen schon. Kenn ich nicht? Macht nichts, wenns grösser ist als ich? Bürste hoch und anbellen, Schwanz oben, kerzengerade, der ganze Hund nicht steif, aber frech. Egal, ob ich hintendran stehe oder nicht, übrigens. Ich kann auch weggehen, macht nichts. Madame macht das schon. Mo hätte das nie gemacht, er ist jedem Konflikt wohlweislich aus dem Weg gegangen, Lotte geht gerne darauf zu. 
Mir fallen, je länger ich schreibe noch mehr Beispiele ein. Aber das Fazit dieses Posts ist sehr deutlich: Jeder Hund ist so einzigartig, wie die Lebenssituation, die er bereichert. 

Alleine lassen...

Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, bin ich, wie vermutlich jeder Hundehalter, kein Fan davon meinen Hund allein daheim zu lassen. Anders, ich hasse es. Aber es lässt sich einfach nicht umgehen, manchmal ist es halt einfach so.
Wie ich zum Thema komme? Ich lese gerade das Buch "Trafen sich zwei..." von Patricia B. Mc Connell (sehr, sehr empfehlenswert), dort finden sich ihre Essays zum Thema Hund. Ihr Buch "Das andere Ende der Leine" ist ein Klassiker. Mein Essay heute morgen handelte vom Allein lassen, ich kenne wenige Hundehalter, die das Haus völlig gelöst verlassen.
Dabei beschreibt sie es in dem Buch richtig, wenn ich gehe, dann schaue ich, dass Lotte Unterhaltung hat. Ich verstecke Leckerli, lasse ihr einen gefrorenen Kong liegen oder eine Kaustange, einen Hirschhornknochen hat sie sowieso immer. Natürlich (versteht sich das nicht von selbst?!) hat sie frisches Wasser zur Verfügung, ein warmes Bett. Aber, sie ist allein. Da beisst die Maus keinen Faden ab. Nach spätestens vier Stunden bin ich wieder daheim, ich weiss, dass sie schläft, weil ich es schon beobachtet habe.

Nicht jeder ist in der Lage seinen Hunde mit zur Arbeit zu nehmen oder von zu Hause aus zu arbeiten, trotzdem haben viele Menschen den Wunsch einen eigenen Hund zu haben. Sogar, wenn sie 100% arbeiten. Ist das falsch? "Dürfen" solche Menschen keine Hunde halten? Ich finde nicht, es ist alles eine Frage der Organisation. Es gibt genug Hundebetreuer, oder eine nette Nachbarin, ein Teenager, der keinen Hund haben darf, der Mittags mit dem Hund rausgehen kann. Ich fahre, wenn ich den ganzen Tag arbeiten muss, Mittags nach Hause. Am Wochenende hütet der Mann in meinem Leben meinen Hund. Sie begleitet mich zur Universität, also behaupte ich, dass Lotte verglichen mit anderen, wenig allein ist.
Den (fast) gesamten Rest meiner Freizeit verbringe ich mit und um den Hund. Stehe morgens früh auf, gehe lang spazieren, joggen, fährten, gehe zur Hundeschule, ... naja, die Liste muss ich ja nicht weiterführen.
Und trotzdem, das schlechte Gewissen bleibt.  Obwohl ich versuche, diese Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten, meine Kleine so müde ist, wie es nur geht, damit sie schlafen kann. Hunde sind besonders morgens und abends aktiv, ausserdem bin ich der Meinung, dass sie ihren Tagesrhytmus anpassen. Nein, damit meine ich nicht, dass man abends nach Hause kommen kann, den Hund einmal um den Block führt und dann vorm Fernseher einschläft. Dann geht der Tag nämlich erst richtig los, Hundeschule, Fährten, Dummyarbeit, Frisbee, Agility, was auch immer. Ein ausgelasteter Hund ist ein glücklicher Hund. Auslasten kann auch mal heissen: Etwas fremdes anschauen, in die Stadt gehen, ..... Tausend und eine Möglichkeit.  Einen Hund haben heisst: aktiv sein, was wiederum bedeutet, dass man etwas erlebt. Menschen trifft und neue Ideen für den Alltag entwickeln kann.

Aber ich kann es mir hier auch weiterhin schön reden. Ich hasse es, wenn ich Lotte allein daheim lassen muss. Vielleicht habe ich aber das nächste Mal kein ganz so schlechtes Gewissen.